Ostara – Balance der Energien

Balance der Polaritäten

In meinem vorletzten Blogpost habe ich über die Symbolik von Ostara gesprochen. Das Äquinoktikum zeigt uns die Welt in absoluter Balance – einen Moment der Harmonie zwischen Polaritäten – und erinnert uns daran, zu prüfen, wo wir Selbst diese Balance verloren haben. Dabei kann man vor allem auf die Bereiche Denken, Handeln, Fühlen und Spiritualität blicken (nach Timothy Rodericks Buch “Wicca – A year and a day“)

Schauen wir uns also diese vier Bereiche einmal genauer an.

Balance von Überdenken vs. Nicht-Denken

Natürlich müssen wir Denken um unser Leben zu meistern, aber fast jeder kennt das unschöne Gefühl, wenn man zu viel denkt, oder? Wenn wir uns für jede Situation in unserem Leben auf unser Denken verlassen, dann sind wir aus der Balance geraten. Das Leben ist so vielfältig, man sollte nicht jede Situation zer-denken. Unser innerer Kritiker möchte uns gern weismachen, dass wir nur wegen ihm überhaupt bis hierher überlebt haben, aber er kennt nur die Vergangenheit und das Ergebnis ist, dass wir alles über-analysieren, was wir vielleicht einfach nur fühlen oder erleben sollten, um dann zu sehen, wie es ausgeht. Manchmal muss man Dinge einfach wagen.

Natürlich können wir aber auch auf der anderen Seite die Balance verlieren und verträumt, unkonzentriert und unfähig werden, unsere Aufmerksamkeit bei den Personen oder Aufgaben unseres Lebens zu halten.

Wenn du dir deine Gedanken mal so ansiehst, hast du das Gefühl, dass du auf einer Seite die Balance verloren hast? Wenn ja auf welcher Seite, neigst du dich zu sehr zur über-analysierenden Seite oder zu sehr zur unkonzentrierten Seite? Und warum?

Wenn du das Gefühl hast, du denkst zu viel, dann nimm dir die nächsten Tage Zeit, um bewusst einfach nur zu erleben. Achtsamkeit ist hier das Zauberwort. Wenn du isst, dann iss nur. Versuche deinen Kopf zu leeren und konzentriere dich nur auf die Empfindungen, die das Essen auslöst. Was kannst du sehen, hören, schmecken, spüren?

Wenn du das Gefühl hast, dass du zu unkonzentriert bist, nimm dir eine Kerze und versuche dich auf deren Flamme zu fokussieren. Übe dich darin, deinen Fokus zu halten. Auch wenn du mit jemandem sprichst, schau der Person in die Augen und erlaube deinen Gedanken und Blicken nicht abzudriften.

In meiner Serie über Meditation, habe ich einige Techniken beschrieben, die in beiden Fällen helfen können eine gesunde Mitte zu erreichen und dauerhaft einfacher halten zu können.

Balance von Hyperaktivität vs. Lustlosigkeit

Bist du ständig auf dem Sprung? Bist du ungeduldig, immer irgendetwas am erledigen, kannst du nicht stillsitzen? Grundsätzlich ist es nicht verkehrt, Dinge erledigt zu bekommen. Aber nimmst du dir genug Ruhepausen?

Wenn du dir Hyperaktivität genauer ansehen möchtest, frage dich selbst mal “Was versuche ich zu erreichen?” und “Wie wichtig ist diese Aktivität, wenn ich mein Leben als Ganzes betrachte?”. Vielleicht möchtest du überlegen, ob deine Aktivität gesunde Beziehungen oder erholsamen Schlaf verhindert. Wenn wir übermäßig aktiv sind, verstecken wir damit oft eine Art von Angst oder Traurigkeit. Wenn du dich davon abhältst, diese unterdrückten Gefühle zu erleben, blockierst du damit auch deine magische Kraft.

Die andere Seite der Medaille ist die Lustlosigkeit. Diese kann viele Gesichter haben, Prokrastination, Schläfrigkeit, sich gehen lassen. Lustlosigkeit kann auch eine Vermeidungstaktik sein. Man vermeidet eine Aufgabe fertigzustellen, eine Ende zu erreichen und etwas Neues anfangen zu müssen oder man vermeidet kompetent zu erscheinen und alle Folgen die daraus entstehen könnten. Oder man vermeidet, dass sich andere auf einen verlassen.

Wenn du dir deine Aktivität mal so ansiehst, hast du das Gefühl, dass du auf einer Seite die Balance verloren hast? Wenn ja auf welcher Seite, neigst du dich zu sehr zur Hyperaktivität oder zur Lustlosigkeit? Und warum?

Wenn du dich auf der hyperaktiven Seite findest, plane deine Pausen bewusst ein und halte dich daran. Wenn du dir 10 Dinge vorgenommen hast, erledige nur 8 davon (anstatt 12 😅). Während der Pausen, schau dir deine Gefühle an. Was passiert innerlich, wenn du in die Stille und die ruhe kommst? Wie fühlst du dich? Welche Gedanken kommen auf? Lass sie zu, damit sie dich verlassen können.

Wenn du dich eher auf der lustlosen Seite der Waagschale findest, mach dir einen Plan, sammle alles was getan werden muss und du bisher vermieden hast auf einer Liste. Schwöre dir selbst wenigstens zwei davon heute zu erledigen sonst darfst du etwas, das dir wichtig ist, nicht tun. Immer, wenn du merkst, dass du dich schon wieder anfängst dagegen zu wehren, schau dir deine Gefühle an. Bist du angespannt geworden? Entspanne dich bewusst und dann mach weiter mit deiner zum Ziel gesetzten Aufgabe.

Balance von Überemotionalität vs. emotionalen Blockaden

Viele Menschen sind in ständige emotionale Reaktionen auf die Umstände ihres Lebens verwickelt. Auch wenn wir diese emotionalen Reaktionen nicht immer offen ausdrücken, fühlen wir sie dennoch. Viele von uns leben ohne das Bewusstsein und Wissen, wie unsere Reaktionen uns zu reaktivem, unfreiem Handeln stimulieren. Ein Ungleichgewicht im Fühlen führt dazu, dass wir (falsch) handeln, Worte sagen, die wir später vielleicht bereuen und vor allem direkt wieder in den Denkmodus zurückkehren und im ersten Punkt das Gleichgewicht wieder verlieren.

Zu viel Denken und emotionale Reaktionen gehen Hand in Hand. Wenn wir auf jeden Umstand in unserem Leben mit Emotionen reagieren, beginnen wir einen internen Monolog von Beschwerden und begeben uns vorschnell in eine jammernde Opferrolle. “Ich mag es nicht, wie sie mich fühlen lässt.” “Er ist geizig.” “Warum muss sie mich immer kritisieren?” Wir verlieren uns in unseren Gedanken, verlassen die Gegenwart und verpassen dabei all die Dinge, die gerade tatsächlich passieren. Den Sonnenschein und seine Wärme, dass uns der Fremde gerade angelächelt hat, wie schön die Vögel singen. Dabei ist das doch das echte Leben.

Auf der anderen Seite steht das Entwickeln von emotionalen Blockaden. Die meisten von uns haben schmerzhafte Situationen erlebt, einfach weil sie Teil des Lebens sind. Einige von uns entscheiden sich dafür, diese Schmerzen auszublenden, uns hart zu machen, zu ignorieren, was weh tut, Unempfindlichkeit zu entwickeln und zu hoffen, dass dies die Antwort auf ein Leben ist, in dem Schmerz ein natürlicher Teil des Prozesses ist. Aber das funktioniert nicht. Es führt nur dazu, dass wir uns betäuben für das ganze Leben, sodass wir auch anfangen, die Freuden und die schönen Momente des Lebens zu verpassen.

Wenn du dir deine Emotionen mal so ansiehst, hast du das Gefühl, dass du auf einer Seite die Balance verloren hast? Wenn ja auf welcher Seite, neigst du dich zu sehr zur Überempfindlichkeit und Opferrolle oder zu emotionalen Blockaden? Und warum?

Wenn du dich in der Überempfindlichkeit befindest, stelle dir mehrmals am Tag Erinnerungen oder Anker, um deine Emotionen zu prüfen. Überempfindlichkeit ist einfach zu erkennen, denn sie führt immer zu Schmerz, Verletzung, Wut, Ärger oder Traurigkeit und einem exzessiven inneren Monolog. Wenn du das bei dir erkennst, nimm dir Zeit um hinter die Gedanken zu blicken. Stoppe deine Gedankenkreise und sieh knallhart und ehrlich hin. Kannst du dich in diesem Moment einfach entscheiden, lieber die Sonne und die Vögel zu genießen oder liegt eine tatsächliche Ungerechtigkeit vor – dann beschließe das Jammern zu unterbrechen und triff die Entscheidung zu handeln.

Wenn du emotionale Blockaden entdeckst, nimm dir ein Stück Papier und einen Stift, zeichne einen Kreis auf das Papier und sieh dir im Tagesverlauf deine Emotionen an. Wieviel Zeit hast du in den Grundemotionen Ärger/Wut, Traurigkeit, Freude/Glück, Angst und Neutralität verbracht. Zu Beginn wird es wohl hauptsächlich nach Neutralität aussehen. Aber blicke genau hin. Gab es nicht vielleicht auch die negativen Emotionen. Hast du sie unterdrückt oder überspielt. Gab es nicht vielleicht auch Freude, der du gar nicht genug Raum gegeben hast und sie kleiner gemacht hast als sie tatsächlich war? Führe diese Übung eine Woche lang durch.

Balance von spiritueller Besessenheit vs. absolutem Materialismus

Verwendest du Tarotkarten, um zu entscheiden, ob du das Badezimmer benutzen möchtest? Fühlst du dich ohne eine glutenfreie, vegane, mit Heilpilzen ergänzte Ernährung spirituell unvollständig oder beschmutzt? Schränkst du dich durch das starre Beharren auf politischer Korrektheit selbst ein? Suchst du nach einer spirituellen Erklärung für jeden Aspekt deines Lebens? Denkst du unablässig über Spiritualität nach?

Dann ist es wahrscheinlich, dass du spirituell besessen bist. Das tritt auf, wenn man sich auf zu sehr auf Spiritualität verlässt, um die Lücken des eigenen Lebens zu füllen – Spiritualität füllt nicht die Lücken deines Lebens, es ist dein Leben, so wie es ist, schlicht und einfach. Spirituell besessene Menschen wollen das nicht glauben. Sie haben ätherische, allumfassende Lebenskonzepte, die diesem Leben eine dramatische Wirkung und Flair verleihen.

Wenn du dich jetzt auch nur teilweise angesprochen fühlst, bist du besessen. Geh dir deine Dämonen austreiben. Geh einen Cheeseburger essen, spiel eine Runde Poker und setze alles, lern ein paar gute Witze auch wenn sie nicht politisch korrekt sind, entspann dich ein bisschen. Sündige – was auch immer das für dich bedeutet. Du bist auf dieser Erde um ein Mensch zu sein! Finde deine Balance wieder. Triff dich mit Menschen, die von Spiritualität überhaupt nichts hören wollen. Kannst du auch bei diesen Menschen etwas spirituelles finden, etwas lernen? Wenn nicht, warum nicht? Liegt es vielleicht an dir?

Die wichtigste Lehre für jemanden, der unter spiritueller Besessenheit leidet, ist zu sehen, dass alles im Leben ein Ausdruck von Spiritualität ist. Man muss nicht danach suchen, Erklärungen hinzufügen, Theorien darüber entwickeln, unablässig über Kleinigkeiten nachdenken, die für einen authentischen spirituellen Ausdruck eigentlich irrelevant sind. Auf die Toilette zu gehen ist genauso spirituell wie zu chanten oder einen Zauber zu wirken.

Ein authentisches, wirklich magisches Leben ist ein Leben, das von der Essenz der eigenen spirituellen Praxis durchdrungen ist, aber es konzentriert sich nicht auf die äußeren Artefakte der eigenen Spiritualität. All diese äußerliche Darstellung, die Einschränkungen, etc. füttern das spirituelle Ego und halten dich von der wahren Spiritualität vielleicht sogar ab. Tarotkarten, Kerzen, Weihrauch, Kristalle, Beschwörungsformeln haben alle ihren Platz in der Hexenwelt als Aspekte des authentischen spirituellen Lebens, aber es sollte darauf geachtet werden, dass sie nicht zu Objekten obsessiver Faszination werden.

Die entgegengesetzte Energie ist die abweisende Rationalität. Dies geschieht, wenn jemand seine Aufmerksamkeit rein auf praktische, materielle, physische Angelegenheiten richtet, um die Spiritualität (bewusst oder unbewusst) auszuschließen. Diese Menschen können nicht hinter die grobe physische Form des Lebens blicken und versinken in der Physik, in den Aufgaben des täglichen Lebens, der Stimulation der physischen Sinne. Oft erleben diese Personen Perioden der Isolation, Depression oder Gefühle intensiver Trennung von Allem.

Die meisten von euch werden wahrscheinlich eher nicht in diese Kategorie fallen, aber vielleicht kennst du ja jemanden in deinem Leben, der dies tut. Diese Personen sollten etwas Geheimnisvolles erforschen, z.B. den Sinn der Existenz. Warum sind wir hier? Was und wer bist du in deinem Innersten? Warum gibt es Stonehenge oder die Pyramiden. Wie funktioniert Vorahnung? Wenn diese Themen zu metaphysisch sind, sollte man damit beginnen zu überlegen, WARUM das Göttliche in seinem Leben keine Rolle spielt. Wie kam er oder sie zu einem Leben ohne die gedankliche Möglichkeit einer göttlichen Kraft? Was ist passiert?

Je mehr Zeit ein Einzelner damit verbringt, diese übermäßig rationale Denkweise auszugleichen, desto flexibler und offener wird sein Geist im Laufe der Zeit. Außerdem sollte der Einzelne die Gefühle und Emotionen erforschen, die dieser Verteidigungsposition zugrunde liegen. Gibt es Angstgefühle? Zorn? Frustration? Traurigkeit? Die Person würde davon profitieren, diese Gefühle zu untersuchen und sie in die richtige Perspektive zu rücken. Woher kommen sie, warum sind sie so stark?

Übung: Ein Tag des Nichtwissens

Ostara steht für Frühling, Frische, Neuheit, Anfänge. So symbolisiert es auch die Neuheit von Geist und Seele, die Energie des Nichtwissens. Den ganzen Tag denken wir, wissen wir… alles! Mit unserem “diskursiven Verstand” und dem unaufhörlichen inneren Geschwätz, das zwischen unseren Ohren stattfindet, können wir uns nicht der vollen Erfahrung des Lebens ohne mentale Analyse öffnen. Der diskursive kritische Geist analysiert, intellektualisiert, kategorisiert, labeled die fließenden und oft undefinierbaren Lebenserfahrungen nonstop.

Es ist wirklich erstaunlich, wenn man einmal einen ganzen Tag über auf seine Gedanken achtet. Du wirst feststellen, wie oft wir in den Geschichten leben, die wir über unser Leben geschrieben haben. Und dabei verpassen wir das tatsächliche Leben, das in diesem Moment geschieht.

Hexen versuchen mit der Natur zu leben und wenn man zu sehr im Kopf lebt, dann verliert man den Bezug zur Natur. Zwar ist es für das Gehirn natürlich, Gedanken abzusondern, aber wenn wir uns die Sekrete des Gehirns glauben, verlieren wir den Überblick über unsere eigene Natur. Wir beginnen zu glauben, dass alles, was in unserem Kopf ist, die Realität sein muss. Obwohl es ein Gefühl von Komfort und Kontrolle bietet, in der Welt unserer Gedanken zu leben, ist es auch unermesslich einschränkend. Die spirituelle Entwicklung wird durch ein übermäßiges Vertrauen in die kritischen Fähigkeiten des Denkens erstickt. Nothing ever grows in comfort zones. Das logische Denken kann keine Spiritualität erfahren, da sie jeglicher Logik widerspricht.

Übe dich also heute im Nichtwissen. Im Nichturteilen. Im Nicht-in-Boxen-packen. Versprich dir beim Aufwachen nicht zu urteilen, weder BEurteilen noch VERurteilen. Und bleibe dir bewusst, wann immer du an diesem Tag dazu verführt bist. Du wirst merken, wie unglaublich schnell das Gehirn diese Gedanken sendet. Mache sie dir bewusst. Atme und lass los. Sage laut “Stop” wenn du merkst, dass dein Gehirn sich in solchen Gedankenstrukturen verrennt.


Vielleicht hast du ja ein bisschen Zeit, dir über deine Balance in diesen vier Bereichen Gedanken zu machen. Vielleicht ist es ja auch ein guter Ansporn für eine Session mit deinem Tagebuch oder BOS. Für etwas Schattenarbeit.

Ich wünsche dir heute ein wundervolles und gesegnetes Ostara!


Wicca A Year and a Day auf Deutsch von Beleniels Zaubergarten.

1 Kommentar zu „Ostara – Balance der Energien“

  1. Ein wahnsinnig toller Beitrag finde ich! Für mich ist der Teil über Überemotionalität und vlt. sogar spirituelle Besessenheit im Ansatz besonders spannend.
    Danke für diese Zeilen und schönes gesegnetes Ostara für dich liebe Beleniel.

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